Radbullshit


Hauptseite « Fahrradecke « Radthemen « Radbullshit


In den Köpfen vieler Leute kommen viele ungerechtfertigte bzw. schlicht falsche Ideen vor, wenn es um "die Radfahrer" geht. Hier gibt es einen Überblick der häufigsten Anschuldigungen, Mutmaßungen, Annahmen und sonstiger Ideen und entsprechender Gegenargumente, mit denen man diese Falschaussagen leicht entkräften kann.



Radwege

Alles rund um das Thema Radweg hat bereits einen so großen Umfang, dass es dazu eine eigene Seite gibt. Bitte bei diesem speziellen Thema dort vorbei sehen. In einem kurzen Satz unter gebracht: Radfahrer müssen keinesfalls jeden Radweg benutzen, der sich bietet und sicherer als die Fahrt auf der Fahrbahn sind diese gerade in Städten sehr selten.

"Fahrradhelme"

Ähnliches gilt für das Thema "Fahrradhelme". Kurz umrissen: Für das, was die Dinger leisten können/müssen, rentiert es sich kaum das Geld auszugeben, lediglich die Versicherungswirtschaft versucht sich mit Verweisen auf dieses eher nutzlose Utensil aus der Zahlungspflicht zu stehlen.

"Radfahrer ignorieren rote Ampeln überdurchschnittlich oft (und sind deswegen ignorante Deppen)!"

Eine der Lieblingsbehauptungen, insbesondere von der Fraktion "Radfahrerhasser", ist die Aussage, Radfahrer würden sich grundsätzlich einen Dreck um rote Ampeln scheren. Das ist ein Ausdruck der grundsätzlichen Prämisse "die anderen machen das schlimme", nur gerade hier ists so leicht zu zeigen, dass das ganz und gar nicht das Problem von Radfahrer oder nicht Radfahrer ist. Mal ein super Beispiel, wie das z. B. Autofahrer machen: http://www.facebook.com/photo.php?v=349736325102013 oder auch https://www.youtube.com/watch?v=jQNAjE2WGiE. Wenn dem so wäre, wie mancher behauptet, wie lässt sich dann so ein Video erklären? Eins ist schon richtig: Radfahrer halten sich genau wie Fußgänger ungerne nutzlos an einer Ampel auf, genauso wie übrigens Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer auch. Wo ist aber der große Unterschied zwischen den drei Verkehrsteilnehmergruppen? Warum nehmen manche Leute das so verstärkt war?

Zunächst mal der Autofahrer:

Fährt im Schnitt recht flott, manchmal auch etwas schneller als erlaubt und wie das Video zeigt, keinesfalls unter allen Umständen mit großer Bereitschaft, an der roten zu halten. Gerade Nachts oder an Stellen an denen sehr selten was los ist, fahren die genauso drüber, wie alle anderen. Warum fällt einem das dann so selten auf? Der Unterschied liegt einmal in der Geschwindigkeit und einmal im Verkehrsaufkommen in Kombination mit dem Platzbedarf eines Autos. Autofahrer haben im Normalfall einen signifikant höheren Anteil am sogenannten Modalsplit, also der Verteilung des gesamten Verkehrs auf die unterschiedlichen Fortbewegungsarten und -mittel also Radfahrer bzw. andere KFZ-Fahrer.

Es ist an Ampeln auf der Fahrbahn meistens weitaus mehr Auto-Verkehr vorhanden als sonstiger Verkehr. Gleichzeitig nimmt jedes Auto relativ viel Platz auf einer Fahrspur ein. Man kommt oft schlicht nicht vorbei, ohne auf die Gegenfahrbahn zu wechseln. Das heißt also, wenn jemand mit dem Auto bei dieser Konfiguration an der Ampel hält, kommt der Rest hinter ihm mehr oder weniger zwangsläufig auch in den Gnuss dort stehen zu bleiben, einfach weil man nicht vorbei kommt und dann sammeln sich entsprechend dahinter noch mehr Autos an. Das ist ganz banal ein Mangel an Gelegenheit bei Rot drüber rauschen zu können, unabhängig vom Wollen. Anders rum, wenn doch mal ein Autofahrer knallhart bei rot drüber kachelt, ist der im Normalfall bereits über alle Berge, bis man selbst an der roten Ampel steht. Somit sorgen einmal äußere Zwänge (oder der Anteil derer die korrekt fahren) dafür, dass Autofahrer oftmals gar nicht anders können, als an der Ampel stehen zu bleiben, zum anderen sieht man sie meistens dabei nicht so gut, weil man ja selbst erst mal hinten drein kommen muss.

Und zum Schluss noch mal ein Tritt gegen das Spielchen der angeblich schlechteren Rotlicht-Beachtungsmoral: Es gibt inzwischen auch wissenschaftliche Aussagen zur Rotlichtverstoßmoral von Autofahrern an Bahnübergängen:

Während der 286 Rotlichtphasen kam es zu 139 Verstößen, die Fahrer fuhren dennoch über den Bahnübergang.

Heißt mit anderen Worten, fast die Hälfte (49%) ballern einfach über den Bahnübergang, obwohl rot ist. Es geht aber noch weiter:

Eine durch das DLR durchgeführte Umfrage unter Autofahrern gibt ein Indiz dafür: Jeder dritte Autofahrer nimmt das rote Blinklicht nicht als Aufforderung zum Halten wahr, sondern betrachtet es lediglich als Warnung, die nicht zwingend ein Anhalten erfordert.

Kommt das wem bekannt vor? Das ist im Prinzip genau das, was manche Autofahrer Radfahrern ganz allgemein unterstellen. Und das obwohl so ein Zug nun wirklich keine Chance hat, im falschen Moment auffahrenden noch eine Chance durch Bremsen zu geben und Ausweichen ist ohnehin nicht möglich, sodass die vielen Tonnen Stahl schlicht alles platt machen, was da falscherweise über den Bahnsteig fährt. Also selbst die Kräfteverhältnisse sind im Prinzip dieselben wie bei der Konstellation Auto vs. Fahrrad. Was in meinen Augen wieder ein Mal zeigt: eigentlich sind die StVO-Rüpel die immer selben, nur halt mal auf die eine Weise, mal auf die andere, unterwegs. Die Gelegenheiten sehen aber anders aus, die darunterliegende Affinität rote Ampeln zu ignorieren ist aber logischerweise gleichermaßen geben.

Fußgänger:

Fußgänger sind dem Radfahrer, was die Möglichkeiten an der Ampel drüber zu huschen an geht, recht ähnlich, nur mit dem Unterschied, dass diese im Vergleich wenig "Streckenverlust" haben, weil sie noch einmal deutlich langsamer unterwegs sind. Es macht einfach keinen Sinn, 30 sek. einsparen zu wollen, wenn die Strecke die man in dieser Zeit läuft vielleicht bei 40 Metern liegt. Selbst bei einer Minute und recht flotter Gangart kommt man kaum auf 100 m. Wohl aber wird gerne abgekürzt und, wenn mans eilig hat, doch noch mal schnell drüber gesprungen. Und da die Blockade-Probleme von Autofahrer dabei kaum bzw. gar nicht vorhanden sind, passiert das entsprechend öfter als beim Autofahren, aber nicht weil man ein schlechterer Mensch wäre, sondern weil die Gelegenheiten einfach häufiger da sind. Eine große psychologische Hemmschwelle sind aber auch die fehlenden Knautschzonen und geringe Geschwindigkeiten, sodass dann doch im Zweifelsfalle eher noch davon abgesehen wird noch mal "schnell" drüber zu springen, weil man doch zu langsam ist, was das zu gefährlich werden lässt.

Radfahrer:

Radfahrer liegen irgendwo dazwischen, was Möglichkeiten und Geschwindigkeiten angeht. Im Vergleich zum Autofahrer haben diese öfter mal einfach freie Bahn und dann wird eben je nach Eile drübergerauscht. Das liegt daran, dass es weniger Radfahrer sind, die sich gegenseitig im Weg rum stehen, zum anderen eben auch, dass Radfahrer mit vielleicht 80 cm Breite deutlich schmaler als Autos sind, sodass man auch besser am Vordermann vorbei kommt. Es fällt dann natürlich leichter auf, dass diese Gelegenheit eher gegeben ist und die Zahl der Rotlichtverstöße damit im Vergleich zum Autofahrer leichter ansteigen lässt. Radfahrer dagegen sind recht langsam im Vergleich zu Autofahrern, das "Über alle Berge"-Prinzip greift hier kaum, sodass man auch noch gut sichtbar ist, wenn man sich mit dem Rad mal wieder daneben benimmt. Die moralische Hemmschwelle dürfte dabei ähnlich hoch liegen, wie bei den anderen Verkehrsteilnehmergruppen (oft zutreffendes Beispiel: Ein Autofahrer der aufs Rad umsteigt, ändert nicht auf ein mal grundlegend seinen Fahrstil, bzw. seine Regeltreue) man hat aber weitaus mehr Gelegenheit Radfahrer dabei zu beobachten, wie sie ne rote ignorieren, einfach weil die realen Gelegenheiten öfter vorhanden sind und die Sichtbarkeit besser gegeben ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist aber auch die Art der Ampel: Ampeln die für Radfahrer gelten, haben sehr oft keine gelbe Streuscheibe und entsprechend keine Gelbphase zur Vorwarnung, dass die Ampel gleich auf rot schaltet. Wer mit 30 Sachen schon ein mal im Abstand 1 m vor der Ampel in die Situation kam, dass diese auf rot geschalten hat, versteht auch was das Problem daran ist: Man kann gar nicht mehr sinnvoll bremsen und würde man es trotzdem versuchen, käme man mitten auf der Fahrbahn zum stehen und wäre anderen dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Hindernis, bzw selbst in Gefahr. Fußgänger trifft dieses Problem kaum, bzw. nicht, da diese im Vergleich sehr langsam unterwegs sind, sodass der "Bremsweg" (wenn man denn hier überhaupt noch davon sprechen kann) bei deutlich unter einem Meter liegt. Das schafft man noch ganz locker. Mit dem Rad eben oftmals nicht. Dabei bemerkt man vom Auto aus oft nicht, dass die Ampel "gerade eben" auf rot geschalten hat. Man sieht nur, der fährt, obwohl man selbst steht. Dann wandert der Blick zur Ampel und die ist rot. Also muss der Radfahrer sie wohl absichtlich ignoriert haben, weil das Prinzip rote Ampel ist ja so einfach, man sieht doch wenn die Rot ist. Tja, wenn man eine Gelbphase zur Vorwarnung hat, ists nochmal deutlich einfacher dafür zu sorgen, dass man auch bei Rot noch vor der Ampel zum Stehen kommt.

In diesem Kontext ist es aber nicht von der Hand zu weisen, dass Radfahrer durchaus auch einen gewissen zusätzlichen Anreiz z. B. gegenüber Fußgängern haben, nochmal schnell drüber zu huschen: Es geht leichter und bringt mehr. Mit 20-30 Sachen ist man ganz schnell über die 10 m breite Fahrbahn (1-2 Sek. höchstens), während man sich dafür als Fußgänger schon gehörig beeilen muss. Und der Streckengewinn ist ebenfalls deutlich größer: Die oben angesprochenen 30 Sek. warten sind bei einem Radfahrer mit nicht gerade übertrieben hohen 25 km/h bereits 208 m. Bei einer Minute entsprechend 417 m. Das ist schon eine ordentliche Strecke, für die unser Fußgänger immerhin schon 5 Minuten bräuchte. Der Unterschied im Vorankommen ist deutlich, sodass es für Radfahrer tatsächlich auch einladender weil gewinnbringender ist als für Fußgänger. Eins ist aber auch hier anzumerken: Auch Radfahrer haben praktisch keine Knautschzone, sodass auch hier im Normalfall davon abgesehen wird, sich gefährliche Dinger zu leisten. Man hat ja trotzdem keine 120 PS, sodass man die gesamte Strecke über die Straße nochmal ordentlich durchbeschleunigen kann, bzw. der Respekt vor der Gefahr ist dann meistens aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus Grund genug, eben nicht nochmal eben schnell drüber zu knattern, was für Autofahrer in dieser Form weitaus leichter ist. Das schlägt sich dann auch in den Unfallstatistiken des Radverkehrs nieder, bei denen Rotlichtverstöße seitens Radfahrern keineswegs einen besonderen Anteil am Unfallaufkommen hat.

Eine Studie der Berliner Polizei hat bereits 1985 gezeigt, dass Unfälle wegen missachteter Ampeln bei gerade mal 5,9% liegen. Heute ist das nicht viel anders. Da haben andere Gründe wie Geisterfahrerei oder Radwege eher einen großen Anteil dran. Moralisch gesehen sind Radfahrer aber keineswegs aufgrund besonderer persönlicher Neigungen empfänglicher für Rotlichtverstöße als der Rest der Verkehrsteilnehmer. Gerade die oft anzutreffende Behauptung nur Radfahrer würden Ampeln häufig ignorieren, ist schlicht erlogen. Allein das Video von oben zeigt, wie die Realität aussieht: Alle machen es, wenn sie Gelegenheit und genug Grund dazu haben.

"Radfahrer kümmern sich unterdurchschnittlich/nicht um ihre Beleuchtungseinrichtungen (und sind deswegen Deppen)!"

Das ist so eine Aussage, die man immer im Kontext der Technik und der Unfallstatistik ansehen muss. Wenn man sich die Unfallstatistiken, mit den Angaben über die Ursachen mal genauer ansieht, fällt einem auf, dass Defekte, insbesondere Defekte an der Beleuchtung, bzw. Fehlen oder ausbleibende Benutzung nur im sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich der Ursachen liegen. Wer also auf dem Licht rum prügeln will, sollte andere, deutlich dickere Brummer vielleicht erst mal angehen, bevor er sich beinem der kleinsten Probleme austobt. 2-5% sind jetzt wirklich nicht der Teil der Probleme, bei dem ich zuerst ansetzen würde. 2/3 Rechtsabbiegerunfälle und 13% Geisterfahrerunfälle, da sehe ich schon eher Möglichkeiten Probleme zu beheben. Die Technik selbst ist aber gerade bei älteren Rädern auch ein Problemflla. Ein Radfahrer hat vorne eine Lampe, hinten eine Lampe und das wars. Fällt die hinten aus, hat man kein Rücklicht mehr, fällt sie vorne aus, hat man kein Frontlicht mehr, fallen beide aus, oder die Verkabelung vom Dynamo macht schlapp, bleibt alles dunkel. Die Zuverlässigkeit der Technik, gerade bei älteren Seitenheulern mit schönem Glühobst drin, ist eher bescheiden. Wolfgang Reindl hat das mal sehr treffend zusammengefasst:

Am Rad sind 2 m Kabel und 3 elektrische Geräte - und es tritt alle 20 km ein Defekt auf. Im Outo sind ca. 2 km Kabel und eine Unzahl elektrische Geräte verbaut, hochgerechnet müßte ein Outo alle paar m irgendeinen elektrischen Defekt haben.

Gut, ganz so krass ist es in der Realität natürlich nicht, aber die Richtung stimmt schon: Gerade früher war Fahrradbeleuchtung alles andere als zuverlässig. Wenn man sich dagegen ein Auto ansieht, das hat Stoßdämpfer sodass die Birnen nicht ständigen Schlägen ausgesetzt sind. Die Lichtmaschine verursacht auch keine zu hohen Stromstärken, sodass die Leuchtmittel nicht einfach durchbrennen, was auf dem Rad gerne mal der Fall ist. Das Auto hat im Normalfall wasserdichte Verkabelungswege, sodass da nicht einfach die Stromleitungen fürs Licht wegkorrodieren oder gar abgerissen werden können. Der Dynamo am Rad ist gerade beim Seitenheuler im Vergleich zur Lichtmaschine auch ein Witz.

Die Technik an sich, gerade die bis Mitte der 90er vorhandene, ist schlicht nicht so hochwertig bzw. robust gebaut, wie die eines Autos. Das dem Radfahrer anzulasten ist schon einmal kräftiger Unsinn. Jetzt könnte man noch auf den Aspekt eingehen, dass die Beleuchtung auch sinnvoll eingestellt gehört. Gerade das beliebte Vorderrad-Beleuchten oder auch anderen ins Gesicht funzeln ist tatsächlich recht oft festzustellen. Der Witz ist nur: Das ist bei Autofahrern keineswegs so viel anders. Mal ein Beispiel aus der Presse: ADAC Lichttest: Jedes zweite Auto hat einen an der Lampe. Heißt mit anderen Worten, an jedem zweiten Auto ist was verkehrt an der Beleuchtungseinrichtung. Entweder sie ist defekt oder falsch eingestellt. 50% sind schon recht viel, wie ich finde. Wenn man danach geht, dann dürften Autofahrer genauso unverantwortliche Deppen sein, wie Radfahrer, weils quasi alle gleichermaßen so machen.

Selbst wenn man das ganze runter bricht auf die einfache Formel, das Licht ist wie vorgeschrieben an oder nicht, kann man gerade im Winter gut beobachten, dass durchaus nicht wenige Autos mit wenigstens einem defekten Front-, Heck-, Brems- oder Blinklicht durch die Gegend gefahren werden, was nach StVZO auch nicht erlaubt ist. Wenn auch nur das Abblendlicht an einem Scheinwerfer nicht mehr anständig funktioniert, müsste man die Karre rein rechtlich stehen lassen. Unterm Strich kommt es auch hier wieder darauf raus, dass es eine Frage ist, ob man sich kümmert, oder nicht. Und da dürften sich die Menschen jetzt nicht so sehr aufgrund der Fahrzeugwahl unterscheiden, wobei man dazu sagen muss, dass es da einen Trend beim Autofahrer geben könnte, wenn es weiterhin immer mehr Scheinwerfer gibt, die nur noch in einer Werkstatt repariert werden können. Da hat man es als Radfahrer dann doch einfacher.

"Radfahrer brauchen Warnwesten um (besser) gesehen zu werden!"

Auch eine meiner Lieblings-Aussagen ist die Einschätzung, dass Warnwesten für Radfahrer notwendig wären. Da stellt man sich dann schon die Frage, warum genau das genau so der Fall sein sollte. Die banale Antwort lautet dann meistens: Damit sie (besser) gesehen werden. Jetzt muss ich mich dann aber schon fragen, warum Radfahrer angeblich nicht gesehen werden, wenn sie keine Warnweste haben. Die Klamotten sollten im Gegenteil, gerade bei Radfahrern keinen besonderen Ausschlag geben, da diese im Gegensatz z. B. zu Fußgängern durchaus bereits genug Sichtbarkeit besitzen, vorausgesetzt das Rad ist nach StVZO verkehrssicher ausgerüstet. Was hängt denn normal an so einem Fahrrad alles dran? Frontscheinwerfer, damit sollte man eigentlich genug gesehen werden und von der Rückseite her mit dem roten Rücklicht ebenfalls.

Aber selbst dann wenn man geraden an einer Ampel steht, der Dynamo entsprechend nicht benutzt wird und man kein Standlicht hat, beide Lichter also zufällig gerade aus sind, ist das auch keineswegs ein Garant dafür, dass man plötzlich zum gefährdeten Unsichtbaren wird. Man hat ja noch genug Lametta am Rad, das genau derartige Dinge unmöglich machen sollte, zumindest wenn man von einem Fall Radfahrer + anderes Fahrzeug aus geht: Das hat nämlich nach StVZO seinerseits genug Licht zu haben, sodass die verschiedensten Rückstrahler ihre Wirkung entfalten sollten. Ob das jetzt die gelben Rückstrahler an den Pedalen sind, oder die in den Speichen, bzw. deren Ersatz, der Leuchtstreifen im Reifen, oder eben der weiße Frontrückstrahler, oder die zwei(!) roten Heckrückstrahler: egal aus welcher Ecke sich jemand mit funktionsfähigem Licht dem ach so dunklen Radfahrer nähert, er sollte deutlich sichtbar sein. Das heißt also unterm Strich: Wenn man mal von der recht abstrakten Gefahr absieht, dass ein Lichtloser Fußgänger einen Radfahrer umrennt, sollte er in jeder Situation gut sichtbar sein, solange das Rad eben verkehrssicher ausgerüstet ist.

Eine Warnweste ist ja ganz toll für die besonders ängstlichen, aber notwendig ist sie keinesfalls. Oder etwas platt gesprochen: Wer mich mit all der lichttechnischen Einrichtungen am Rad nachts nicht sieht (oder gar am Tage) der muss entweder ein Augenleiden haben, oder er kuckt nicht hin, oder es ist ein Sichthindernis vorhanden. Aber in all den Fällen hilft einem die Warnweste vergleichsweise wenig, nämlich nichts. Das ist nur der oft gemachte Versuch, dem Gefährdeten die Sorgfaltspflicht aufzubürden, die der Gefährder vermissen lässt. Wenn dann noch das Totschlagargument kommt, "aber besser ist es doch", dann müsste ich sagen, besser wäre es auch, wenn man gar nicht erst nachts auf die Straße geht. Besser ist eben nicht immer notwendig, bzw. steht nicht immer im Verhältnis zu den dazu notwendigen Maßnahmen. Auf dieselbe Art und Weise ist es eben unverhältnismäßig sich hinzustellen und zu sagen, Warnwesten wären für Radfahrer notwendig.

"Radfahrer sollten/dürfen keine Kopfhörer während der Fahrt benutzen!"

Diese Aussage kommt selbst bei den eher vernünftigen Leuten oftmals gut an, obwohl sie doch eigentlich nur Demagogie der tollsten Sorte ist. Konsequenterweise müsste man dann nämlich auch fordern, dass Autos keine geschlossenen Fahrgastzellen mehr haben dürften, da deren Schalldämmung ähnlich gut ist, wie die eines Kopfhörers. Das Lautstärke-Argument, das an dieser Stelle nahezu unweigerlich nachgeschoben wird, ist ebenfalls aufs Auto übertragbar: Wer zu laut hört, kriegt nichts mehr von seiner Umgebung mit. Aber das ist meistens auch gar nicht notwendig, denn die Schalldämmung allein ist schon gut genug, dass man ohne Gehörschaden eine Autobahnfahrt überlebt. Jeder der schon ein mal von einem Krankenwagen im Auto (also gut schallisoliert) und einmal ohne Schallschutzwand um sich rum überholt wurde, dürfte den deutlichen Unterschied in der Lautstärke festgestellt haben. Warum dann gerade und ausschließlich alle anderen gar keine Musik hören sollen, ist an dieser Stelle dann doch leicht als mit zweierlei Maß messen zu entlarven. Wer sich noch weiter über das Thema informieren will, sollte hier mal vorbei sehen. Dort geht man via Messung auf dasselbe Problem ein.

Jetzt könnte man noch als letzten Notnagel hinterher schieben, dass ohne Kopfhörer grundsätzlich ja wohl besser wäre. Auch da muss ich sagen: Besser sicher, aber es gibt eben auch ein Sichtfahrgebot, was man auch so auffassen kann, dass man nicht blindlings über Straßen gehen bzw. fahren sollte. Oder anders formuliert: Wenn ich, bevor ich abbiege oder eine Straße/Kreuzung/Einmündung überquere, noch mal nachsehe, ob ich die Aktion gefahrlos durchführen kann, was sollte denn da noch mit den Ohren das Problem sein? Bestes Gegenargument: Taube Menschen sind auch nicht vom Straßenverkehr ausgeschlossen, die dürfen sogar den Führerschein machen. Ganz einfach deshalb, weil es eben nicht zwangsläufig notwendig ist alles zu hören, was um einen rum los ist. Die fahrenden Schallisolationszellen beweisen ja recht eindrucksvoll das Gegenteil. Der § 23 (1) StVO schreibt zwar sicherlich vor, dass "das Gehör nicht [...] beeinträchtigt" sein darf, aber was genau darunter zu verstehen ist, sollte klar sein: Man sollte noch mitbekommen, was um einen rum vor sich geht. Dass das im Prinzip mit Kanonen auf Spatzen schießen ist, sei dahingestellt, aber die pauschale Aussage, Kopfhörer + Radfahren = unverantwortlich, die muss man entweder weiter fassen, oder man spart sie sich gleich komplett. Ein generelles Verbot von Kopfhörern ist daraus übrigens auch nicht abzuleiten, dazu ist der § nicht klar so geschrieben. Solange man noch hört was um einen rum geschieht, gibts nix auszusetzen.

"Radfahrer sind überdurchschnittlich oft an ihren Unfällen selbst schuld!"

Sehr oft werden Unfallstatistiken entweder direkt so ausgewertet oder entsprechend dieser Auswertung wiedergegeben, dass Radfahrer einen mehr oder minder großen Anteil von über 50% an ihren Unfällen hätten. Der Witz daran ist nur: In praktisch ausnahmslos allen diesen Statistiken werden Alleinunfälle, also Unfälle an denen sonst niemand beteiligt war und Unfälle mit anderen Radfahrern knallhart mit rein gerechnet. Damit ist es ein Leichtes auf mehr als 50% zu kommen, da bei Radfahrer vs. Radfahrer natürlich der Radfahrer schuld ist und bei Alleinunfällen auf dem Rad logischerweise auch nur der Radfahrer schuld sein wird. Das treibt den Anteil der Radfahrer an Unfallverursachern bei Radfahrerunfällen ganz leicht in die Höhe. Der allseits beliebte Schuldzuweiser entfaltet so seine Wirkung. Wenn also das nächste mal in einem Zeitungsartikel steht, dass in 70% der Unfälle mit Radfahrerbeteiligung der Radfahrer schuld war, dann einfach mal an den automatischen Schuldzuweiser denken. Das ist die Methode um jedem die Schuld in die Schuhe zu schieben, ohne dabei formal zu lügen. Lass einfach die Lüge im Kopf des Lesers entstehen. Dasselbe Spielchen kann man nämlich genauso gut mit allen anderen Verkehrsteilnehmergruppen treiben und kommt ebenso spielend leicht auf ähnliche Zahlen jenseits der 50%.

"Gute Beleuchtung ist wichtig weil ohne anständiges Licht die Unfallgefahr stark wächst!"

Prinzipiell lässt sich sagen, eine anständige Beleuchtung am Rad ist natürlich eine sehr nützliche und nicht zuletzt auch notwendige Anschaffung, weil man ohne eben nicht legal im Geltungsbereich der StVZO fahren darf. Die obige Aussage an sich ist aber so nicht ganz richtig: Unfälle von Radfahrern sind regelmäßig in weniger als 3% der Fälle durch schlechte Beleuchtung begründet. Wenn es alleine um das Vermeiden von Unfällen ginge, wäre das Licht weniger wichtig, als z. B. anständige Verkehrserziehung (Geisterfahrerei) oder das Ende des Radweg-Paradigmas. Die kosten weitaus öfter Leben oder Gesundheit, als fehlende Funzeln am Rad. Alleine Geisterfahrerei ist meistens im Bereich 20% bei den Unfallursachen vertreten. Dagegen ist das Licht fast schon unwichtig. Mal exemplarisch an einer Unfallstatistik aus Magedeburg (letzte Seite): Die Top 5 der Unfallursachen liegen bei Abbiegeunfällen (22%), falsche Straßenbenutzung (22%, da fällt die beliebte Geisterfahrerei drunter), Vorfahrtfehler (19%), andere Fehler (16%) und Alkohol (5%). "Technische Mängel", worunter fehlendes oder defektes Licht zweifellos fallen wird, haben satte 0 Unfälle verursacht. Es muss nicht immer so krass aussehen, aber fehlendes Licht ist in der Tat sehr selten der Grund, warum Radfahrer in Unfälle verwickelt werden. Wenn es wirklich um die Unfallgefahr geht, ist Licht häufig eher ein Placebo, nicht zuletzt wegen diversem meistens trotzdem vorhandenem Lametta am Rad, dass für sich schon zurück strahlt, wenn man es mit dem Auto anleuchtet.

Aber ums nochmal zu betonen: Anständige Beleuchtung ist nützlich, vorgeschrieben und vor allem sehr angenehm, wenn man sehen will, was vor einem passiert. Wenn man es ganz krass auslegt, düfte man sonst kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit fahren, da man sonst ja gegen das Sichtfahrgebot verstösst. (Übrigens auch mit den Glühwürmchen die bis in die 90er Stand der Technik waren, aber das ist ein anderes Kapitel.) Der Geseheneffekt ist natürlich auch nicht zu verachten, wenn auch die Reflektoren bereits eine sehr gute Basis dafür bilden. Selbst für den relativ kleinen Geldbeutel gibt es inzwischen wunderbare LED-Beleuchtung, die selbst mit alten ranzigen Seitenheuler-Dynamos noch ganz passabel den Weg ausleuchtet. Mit Nabendynamo gehts noch mal ein Stück komfortabler (praktisch keine Beeinträchtigung was den Fahrwiderstand angeht) und praktisch Geräuschlos voran. Also nicht knausern, auch wenn es weniger mit Unfällen als mit angenehmem Fahrerlebnis und der geltenden Gesetzeslage zu tun hat. Auch nicht zu unterschätzen: Versicherungen drücken sich da gerne mal vor der Zahlungspflicht, wenn man keine zugelassene Beleuchtung am Rad hat. Das ist mit unter der wichtigste Grund dafür, denn die blechen auch am hellen Tage gerne mal nicht, nur weil keine Lampe dran war.


"Radfahrer dürfen nicht nebeneinander auf der Straße fahren!"

Einer der Mythen und Legenden die an Stammtischen immer und immer wieder bis zum Erbrechen wiedergekäut wird. Meistens beziehen sich die Personen dabei dann auf so schwammige Aussagen wie "das behindert den Verkehr!" oder "Das ist verboten!". Kuckt man aber in die StVO rein, steht da unter § 2 (4) StVO:

Radfahrer müssen einzeln hintereinander fahren; nebeneinander dürfen sie nur fahren, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird.

Das heißt mit anderen Worten, ist es einem Autofahrer ausschließlich wegen einem zweiten Radfahrer nicht mehr möglich zu überholen, macht man sich tatsächlich strafbar. Ist es aber so, dass bereits bei einem Radfahrer ein Überholen gar nicht mehr (legal) möglich ist (z. B. 1,5 m Überholabstand nicht einhaltbar), oder weil der Radfahrer z. B. in einer auf Tempo 30 km/h beschränkten Straße bereits 30 fährt und somit gar nicht mehr legal überholen kann, kann ein zweiter Radfahrer daneben gar keine Behinderung des Verkehrs sein. Gerade der Überholabstand bricht diesem Argument meistens das Genick: Exemplarisch durch gerechnet, hat mein Rad 60 cm Breite. Laut diversen Gerichtsurteilen muss man mindestens 80 cm Abstand von Gehwegen und Parkern halten. Dann kommen noch mal 1,50 m Abstand zum Überholen dazu. Macht in Summe also 2,90 m, die beim Überholen eines Radfahrers gar nicht benutzt werden dürfen. Wer so viel Abstand hält, muss ohnehin schon mit einem Großteil seines Autos auf der nebenliegenden (Gegen)Spur fahren. Da macht ein zweites Rad mit 60 cm und noch ein halber Meter Abstand dazu nichts mehr aus. Entweder es ging vorher schon nicht, weil zu eng, oder aber es geht auch mit dem zweiten noch problemlos. Näheres hat der ADFC Hilden hier noch einmal zusammengefasst. Ein allgemeines, unumstößliches Verbot nebeneinander zu fahren gibt es ganz einfach nicht.


"Radfahrer dürfen keine Spike-Reifen benutzen!"

Auch diese Aussage ist ein Zeichen, dass der Behauptende schlicht keine Ahnung hat und die Regelungen dazu höchstens vom Hörensagen kennt. In der Tat macht die StVZO unter § 36 (1) Satz 4-5 folgende Aussage zu Spike-Reifen:

Reifen oder andere Laufflächen dürfen keine Unebenheiten haben, die eine feste Fahrbahn beschädigen können; eiserne Reifen müssen abgerundete Kanten haben. Nägel müssen eingelassen sein.

Das bedeutet also, da die Spikes eines Fahrradreifens durchaus eingelassen sind und gar nicht in der Lage sind, die Fahrbahn zu beschädigen, sind sie nicht verboten für Radfahrer. Anders sieht es dabei für Autos aus: Damit für ein mehrere 100 Kilo schweres Auto die Spikes überhaupt einen Effekt haben, müssten diese allerdings so beschaffen sein, dass sie in der Lage sind, den Asphalt zu beschädigen. Denn so robust ist er auch wieder nicht. Jeder der schon mal eine Spitzhacke in Asphalt zu rammen versucht hat, weiß dass es mit genug Gewalt/Kraft durchaus machbar ist, mit einem spitzen Gegenstand die Fahrbahn zu beschädigen. Drum sind die Dinger für Autofahrer tatsächlich praktisch verboten, weil es schlicht keine brauchbaren gibt, die gleichzeitig den Vorschriften standhalten. Für Radfahrer dagegen gibt es praktisch keine Bedenken, Spikes zu benutzen.


"Radfahrer sollten bei Autofahrern den Blickkontakt suchen/herstellen!"

Das ist eine sehr häufig gemachte Empfehlung, die im Prinzip eine Vorstufe zum beliebten Opferbashing von Radfahrern ist. Die Theorie klingt im ersten Moment einleuchtend: Wenn du siehst, dass der Autofahrer dich sieht, ist alles OK und es kann weitergehen. Die Nützlichkeit der Theorie und der daraus gemachten Empfehlung krankt aber an der Realität. Teilen wir doch mal zu Anfangs die Realität in zwei grundsätzlich mögliche, sich auschließende Situationen auf:

a) Der Autofahrer hat einen nicht gesehen/wahrgenommen. In diesem Fall ist es schnuppe, ob man den Blickkontakt herzustellen versucht bzw. glaubt ihn zu haben. Jemand der einen nicht sieht/wahrnimmt, mag vielleicht sogar noch so aussehen als wenn er einen sieht. Am Ende wird er sein Fahrverhalten aber nicht ändern, bzw. gar nicht auf einen reagieren. Wer da dann auf seinen heiß geliebten Blickkontakt vertraut, findet sich im Krankenhaus wieder, oder im schlimmsten Fall im Grab.

b) Der Autofahrer hat einen gesehen und wahrgenommen. Auch das alleine heißt noch lange nicht, dass er einen nur wegen des Blickkontakts tatsächlich nicht gefährdet. Auch hier eine weitere Einteilung in zwei Fälle:

c) er ignoriert die Anwesenheit des Radfahrers absichtlich. Gerne gemacht: Beim Abbiegen trotzdem durch ziehen, ganz egal ob der Radfahrer gerade Vorfahrt/Vorrang hat, oder nicht. Passiert in der Form auch Fußgängern sehr gerne, dass es der Doseninsasse ganz bewusst drauf anlegt. Er weiß ja, dass ihm nicht viel passieren kann, höchstens seinem heiligen Blechle. Der Blickkontakt bringt auch hier herzlich wenig. Im Gegenteil, auch hier wiegt man sich schlimmstenfalls in falscher Sicherheit, was der eigenen Gesundheit eher abträglich ist. Letzter Fall:

d) der Autofahrer beachtet einen, wie es in der Situation verlangt ist. Auch in diesem Fall mag der Blickkontakt vielleicht ganz nett sein, aber unterm Strich war er gar nicht nötig. Man wurde gesehen, bemerkt und nicht absichtlich ignoriert. Ob ich da jetzt Blickkontakt habe, oder nicht, die Reaktion ist ausgesprochen sicher die, dass einem nix passiert, außer man selbst verhält sich auf ein mal unvorhersehbar (ohne Anzeigen abbiegen, einfach bei rot über die Ampel, etc.). Es liegt dann eher am eigenen Verhalten, das dann evtl. der Autofahrer noch ausgleichen muss. Im Idealfall brauchen aber beide nichts besonderes zu machen, da beide die StVO beachten. Versucht aber der Autofahrer gerade die Ignorieren-Nummer, endet der Blickkontakt fatal. Anders rum sind diejenigen, die es gerne mal darauf anlegen, extrem selten so bescheuert, bei erkannbar nicht vorhandener Beachtung durch den Radfahrer trotzdem durch zu ziehen. Das klappt ja nur, wenn man weiß, dass der Radfahrer einen gesehen hat und schon freiwillig zurückstecken wird. Es ist also im Zweifelsfalle sogar gefährlich, sich auf den Blickkontakt einzulassen.

Ach ja, und dann gibt es noch den Fall e): Man versucht das mit dem Blickkontakt, hat aber gerade Pech, weil z. B. der LKW-Fahrer einfach viel zu weit oben sitzt, als dass da was geht mit Blickkontakt. Oder auch oft zu erleben: Die Scheiben des Autos releflektieren so viel Licht von Außen wieder weg, dass man überhaupt nicht sieht, was auf der anderen Seite der Scheibe gerade Sache ist. Bringt also auch nichts, weil der Blickkontakt rein technisch gesehen, gar nicht erst hergestellt werden kann.

Unterm Strich sieht die Sache so aus: Der Blickkontakt alleine bringt genau gar nichts, ein Hinweis auf selbigen ist also ausgemachter Blödsinn. Die Reaktion aus der eigenen Beobachtung des Verkehrs ist es, was den Unterschied macht. Man sieht, wie der andere sich verhält, egal ob er Blickkontakt hergestellt hat, oder nicht. Im Zweifelsfalle bleibt einem nämlich so oder so nur das zu machen, was potenziell sicherer ist: zurückstecken/ausgleichen. Im Normalfall ist das aber gar nicht nötig, wenn man sich von Radwegen fern hält und die Leute die StVO einhalten. Sind Radwege im Spiel, kommt sehr gerne "übersehen" mit dazu, wo Blickkontakt genau nichts bringt und man nur selbst den Fehler des anderen (oder besser gesagt, den von der StVB provozierten Fehler) ausgleichen kann. Der Blickkontakt geht garantiert in die Hose.

Und wird gegen die StVO verstoßen, sieht es nicht anders aus: Entweder zurückstecken, oder es kracht. In dem Fall ist aber eine Diskussion über »Blickkontakt« ziemlich müßig, denn auch beim Blickkontakt sehe ich im Normalfall nicht, ob der andere gleich eine Bombe platzen lässt. Es bleibt mir auch dann nur die Augen selbst offen zu halten, was der andere tut. Und in den Fällen, in denen ein Verhalten so absolut nicht absehbar war (weil StVO-widrig), kann man sich den Blickkontakt auch an den Hut stecken, weil der Gegenüber offenbar nicht sonderlich viel auf einen gibt. Und genau da tritt dann gerne das schon angesprochene Opferbashing auf: Es wird demjenigen, der gerade umgefahren wurde von »Blickkontakt«-Aposteln gerne angelastet, dass er nicht mittels (nutzloser) Methoden dafür gesorgt hat, dass er keinen Unfall erleidet, völlig ohne Beachtung der Hergänge. Wenn mir jemand absichtlich die Vorfahrt nimmt, bin nicht ich schuld, weil ich nicht nach dessen Augen geschielt habe, sondern der, der die Vorfahrt nimmt. Wenn mich jemand beim Rechtsabbiegen vom Radweg schießt, bin nicht ich schuld, der ich mein Recht auf Vorrang wahrnehme, sondern derjenige, der derartige Fallen baut, bzw. zu einem gewissen Maß der, der beim Abbiegen nicht kuckt. Und anders rum, wenn ich den Blickkontakt suche, nur damit ich bei Rot drüber knallen kann, ist nicht der Autofahrer schuld, dann ist auch nicht ein fehlender Blickkontakt schuld, sondern ganz banal, dass ich die Ampel ignoriert habe. Der Blickkontakt ist also eine ziemlich hanebüchene Lüge.


Hauptseite « Fahrradecke « Radthemen « Radbullshit


Valid HTML 4.01 Frameset